Liebe Naturfreunde, liebe Angler.
Durch den Brand an der Lobenhäuser Mühle, bei dem tonnenweise Kunstdünger über das Löschwasser in die Jagst gelangt ist, mussten wir sehr schwere Tage durchleben.
Erstmals am Dienstag, den 25. August, trafen wir uns zur Krisensitzung, um uns über die Geschehnisse jagstaufwärts auszutauschen und die notwendigen Schritte zu planen. Verschiedene Sitzungen in
Mulfingen, Krautheim und Westernhausen folgten.
Flussaufwärts wurde bereits kräftig elektrisch abgefischt. In unserem Jagstabschnitt gingen wir von einer professionellen Elektrobefischung am Freitag aus. Alle hierfür notwendigen Schritte wurden eingeleitet. Gespanne mit Wassertanks wurden organisiert. Für die Tanks wurden extra Abdeckungen aus verzinktem Blech angefertigt. Die Bevölkerung wurde zur Unterstützung aufgerufen, Landwirte mit großen Güllefässern wurden kontaktiert, usw.
Um die geborgenen Fische ortsnah, jedoch außerhalb der Jagst, umzusiedeln, wurde der See zwischen Marlach und Altdorf instandgesetzt. Er dient zum einen bis heute als Auffangbecken für die umgesetzten Fische, zum anderen als Wasserreserve, die später kontrolliert in die Jagst eingeleitet wurde, um die Ammoniumkonzentration zu verdünnen und sauerstoffreiches Wasser in die Jagst einzubringen. Eine sehr mühselige Aufgabe, da der See in einem erbärmlichen Zustand gewesen ist. Ca. 15 Jugendliche aus Marlach und Winzenhofen begannen am Mittwoch in aller Frühe den See mit Balkenmäher und Freischneider vom 3 Meter hohen Schilf zu befreien. Das Schilf wurde dann per Hand und mit Hilfe eines Quadgespannes an das Ufer des Sees verbracht. Zu unserem Pech waren keine Bohlen zum Aufstauen des Wassers mehr vorhanden. Auch diese mussten wir noch kurzfristig besorgen und anpassen. Am Abend wurde dann geflutet. Und tatsächlich, die Sache hatte sich durchaus gelohnt. Am nächsten Morgen war der See bis zur obersten Bohle mit Wasser vollgelaufen. Eine ursprünglich fast aussichtslose Aktion wurde ein Riesenerfolg. Eine unglaubliche Leistung der Jugend!!!
Am Donnerstagabend erreichte uns dann die Hiobsbotschaft. Das Regierungspräsidium in Stuttgart hat sämtliche Elektrobefischungen untersagt!!! Alle unsere Maßnahmen waren auf diese Elektrobefischung ausgerichtet. Es musste schnell umdisponiert werden.
Ab 8 Uhr am Freitagfrüh begannen wir mit unseren vereinseigenen Zugnetzen und Keschern am Biotop in Winzenhofen abzufischen. In regelmäßigen Abständen fuhren wir mit unseren Wassertankgespannen nach Marlach, um die Fische umzusiedeln. Gegen 10.30 Uhr ließen wir dann die Biotope vom Bauhof mit schwerem Gerät verschließen. Diese mussten ab diesem Zeitpunkt regelmäßig kontrolliert und bei Bedarf von der Feuerwehr mit Frischwasser versorgt oder belüftet werden. Die Zusammenarbeit zwischen Bauhof, Feuerwehr, Gemeindeverwaltung und Fischereiverein war vorbildlich!
Unser Tross ist am Nachmittag auf drei Fahrzeuge mit Tanks angewachsen und zählte zeitweiße 35 Mann. Den ganzen Tag über wurden wir von allen erdenklichen Seiten unterstützt. Es wurden Kuchen, Getränke, belegte Brötchen vorbeigebracht. Es fehlte an nichts! Wildfremde Personen boten uns ihre Hilfe an! Als wir in Marlach an der Brücke angelangt waren, teilten wir uns in zwei Gruppen, um unsere Angelkameraden in Westernhausen bei der Abfischung tatkräftig zu unterstützen. Nach einer kurzen Verschnaufpause zogen wir wieder in Richtung Winzenhofen und machten damit weiter, womit wir in Westernhausen aufgehört haben. Abzufischen!!! Wir befischten unseren Jagstabschnitt bis etwa 20.30 Uhr, um so viele Fische wie möglich umzusiedeln. Mit der Fischausbeute konnten wir am Ende eines anstrengenden Tages sehr zufrieden sein.
Täglich führten wir mehrere Wasseranalysen durch, um die aktuelle Lage einschätzen zu können. Hierfür wurde ein hochempfindliches Messgerät bei der Fa. Bürkert beschafft. Wir standen in ständigen Kontakt zu unseren Nachbarn in Gommersdorf und in Westernhausen.
Am Samstagvormittag zeigten uns unsere Messungen, dass die Ammoniumblase Winzenhofen erreicht hat. Ab jetzt konnten wir nur noch wenig tun, außer abzuwarten und hoffen, dass wir die Ammoniumblase so schnell wie möglich und ohne größere Schäden überstehen. Ungeduldig wurde über das gesamte Wochenende den Messergebnissen entgegengefiebert. Am Sonntagabend wurden Ammoniumwerte um 13 mg/l gemessen. Eine Konzentration ab 0,5 mg/l ist für Fische eigentlich tödlich. Warum die Fische im Hohenlohekreis trotz der hohen Ammonium-Konzentration überlebt haben, kann bisher kein Fachmann erklären. Ab Dienstagfrüh waren die Ammoniumwerte wieder unter 0,5 mg/l. Auf unserer Gewässerstrecke von 3,7 km verendeten weniger als zehn Fische. Wir sind tatsächlich noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen. Die Wasseranalysen machten wir noch zwei Wochen lang, da man befürchtete, dass durch übermäßiges Algenwachstum der Sauerstoff aus dem Wasser gezehrt wird. Dies war jedoch nicht der Fall. Regelmäßige Gewässerschauen zeigten, dass auch die Kleinlebewesen, wie Schnecken, Insektenlarven und sonstige Wassertierchen überlebt haben. Eine wichtige Nahrungsquelle für die Fische. Es bleibt zu hoffen, dass weitere Untersuchungen ergeben, dass der Verzehr unserer Fische gesundheitsunschädlich ist und nicht irgendwelche Probleme auftauchen, mit denen man bis dato nicht rechnet.
Am Donnerstag, 17. September führte Frau Gaye-Siessegger von der Fischereiforschungsstelle Langenargen mit ihrem Team in Winzenhofen eine Elektrobefischung durch. Das Ergebnis ist sehr erfreulich. Es wurde ein gesunder Fischbestand und eine hohe Artenvielfalt vorgefunden. Quasi keine negativen Veränderungen zu früheren Bestandsaufnahmen.
Am Samstag, den 19. September führten wir unsere diesjährige Fischbestandserhebung an der Jagst und im Biotop in Marlach durch. Die Ortsvorsteher Joachim Höflein und Willy Grübel, sowie der Gemeinderat Thomas Schmitt, unterstützten uns hierbei tatkräftig. Auch der Sprecher der Fischhegegemeinschaft Jagst, Markus Hannemann, war vor Ort und informierte uns über den aktuellen Sachstand. Das Ergebnis der Bestandserhebung war durchweg positiv. Wir konnten 19 verschiedene Fischarten und insgesamt 785 Fische erfassen. Alle machten einen gesunden Eindruck! Ganz besonders freuten wir uns über die sehr hohe Anzahl der beiden sehr anspruchsvollen Fischarten Nase und Bitterling. Mit 158 bzw. 150 Exemplaren machten diese rund 40 Prozent der gesamten erfassten Fische aus. Im Anschluss servierte uns das Team um Jürgen Kraus Köstlichkeiten aus dem Schlachtkessel. Bei gemütlichem Beisammensein fand die Veranstaltung am Nachmittag ihren Abschluss.
Der Fischereiverein Marlach-Winzenhofen möchte sich an dieser Stelle bei allen Helfern und Unterstützern recht herzlich bedanken!
Die sehr gute Zusammenarbeit während der hohen Ammoniumbelastung in der Jagst zwischen Gemeindeverwaltung, Bauhof, Feuerwehr, THW und dem Fischereiverein möchten wir hier noch einmal deutlich zum Ausdruck bringen!